03-26-1939

Firmenbriefkopf, FfM , den 26. III 1939

Lieber Martin

Dein Bf. N. 132 traf gestern ein und freut es mich, dass du gesund bist , was G.s.D. bei uns auch der Fall ist. Du fragst wieder wegen der Einreise nach Belgien; dies ist, wie dir schon geschrieben, einfach unmöglich, selbst für Frau Kossmann. Ich correspondiere ja z.Z. mit Jacob, vielleicht erreicht er was, dies wäre wohl am besten, da doch der franz. Franc sehr nieder ist und das Leben dorten sehr billig. Ich muss abwarten, ob er was erreicht.

Wie gestern erfuhr, wird Hilda über Ostern zu uns kommen, vielleicht auch länger. Sie will sich von Salomon verabschieden., der doch bald (Ende April) von hier weggeht. Betr. deiner Wäsche weiß noch nicht, wann sie dir schicken kann. Hast du eigentlich die 2 Wa(a)renproben empfangen?

Die Adresse von deinem Freund hast du mir auch noch nicht geschrieben.

Die Leute, die bei uns wohnen, sind vor 3 Jahren von Wetzlar hierher gezogen, heissen David Gold und Frau und sind sehr nett und vertragen sich sehr gut mit uns. Sie hoffen auch innerhalb 1 Jahr auszuwandern.

Gestern Abend haben bei Leop. Kahn Scat gespielt! Scat und Rommée ist meistens Abends, zuweilen auch am Tag, unsere Hauptbeschäftigung. Diese Woche haben wir (uns) verschiedenes Neues geleistet: Ein Mantel und 4 Hemden (vorn lang), sehr schön und 1 Hut- lauter Sachen , die (ich) gebrauchte. Sonst weiß nichts für heute.

Herzl. Gruss und Kuss von d. Vater.

Lieber Martin!

Hast Du Job schon gesprochen? Herzliche Grüße und Küße deine Schwester Hede. Seid letzter Woche habe ich wieder englisch Stunde nach dem Buch. Englisch lernen (ist) ein Vergnügen.

Bei uns vergehen die Tage zu langsam vorbei; bes. da man nicht weiss, wann mal mal fortkommt. Job wirst Du gesprochen haben, oder besuchst Du ihn in Milwaukee? Inzwischen hast Du Briefe von Gina erhalten. Wenn die Päckchen dort sind, kommt etwas für Vater.

Es war doch angenehm, mit den Gerauern sich zu treffen. Jule(Julius Kahn) hat es an Johanna Kahn geschrieben; wenn als von Zeit zu Zeit zusammen sind, fühlen uns (wie) in Gerau. Am Mittwoch war Vater dort, aber es geht nicht so leicht, die Liegenschaften zu verkaufen. Kaufmanns bleiben über Ostern und wollen alles verkaufen und sich dann ein möbl. Zimmer Rand rechts hier mieten, bis (sie) weg kommen ; dort (in Gross-Gerau) ist wieder alles ruhig.

Herzl. Gruss. Joh Kossmann.

Oben:

Heute nachmittag kommen Onkel Max und Tante Selma; die arbeiten fest an der Auswanderung erst England. (Gestern bekam Vater das Geld von Weil (Homburg)); alles ist jetzt erledigt.

Dear Martin,

Your letter No 132 arrived yesterday and I was happy to hear that you are healthy, which is the case, thank God, with us as well. You had asked again about going to Belgium. This is simply not possible, as I had already written; not even for Mrs Kossmann. Currently I am dealing with Jacob, perhaps he will get something. This would be best as the Franc is currently very low, and life is rather inexpensive there. I have to wait for him to find something. As we learned yesterday, Hilda will stay with us for Easter, maybe even longer. She wants to say good bye to Salomon who will soon leave (end of April). Regarding your clothes, she does not know yet when she can send it to you. Have you received the 2 sample packages yet? You also have not sent me the address of your friend.

The people who live with us moved here from Wetzlar 3 years ago; David Gold and his wife: they are very nice and we get along very well. They too hope to emigrate within one year.

Last night we played Skat at Leop. Kahn. Scat and Rummy are our main activities; mostly evenings, but also during the day. This week we bought a few things: a coat, 4 shirts (long ones in the front) very smart looking, and a hat – just things I needed. Nothing else is new. Warm kisses from your father.

Dear Martin,

Have you spoken to Job already? Warm greetings and kisses from your sister Hede. I am taking English lessons from the book since last week. Learning English is fun.

Our days pass too slowly; especially as we don’t know when we can leave. You will have spoken to Job; or are you going to visit him in Milwaukee? Meanwhile you got letters from Gina. When the packages arrive, something will be there from father.

It was great to meet the Gerau people. Jule (Julius Kahn) wrote to Johanna Kahn: when we are together sometimes, it feels like we are in Gerau. On Wednesday Father was there, but it is not easy to sell the property. The Kaufmann’s stay there for easter; they want to sell everything and then get a furnished room here, until they can leave; In Gerau it is quiet now.

Warm greetings from Joh Kossmann.

On the top:

Uncle Max and Aunt Selma are coming today; they are working hard on their emigration – first to England. (Father got his money from Weil yesterday from Homburg); that is all done now.