09-11-1938

Firmenbriefkopf Gross-Gerau, den 11. September 1938

Lieber Martin.

Dein Bf. 105 ist noch nicht eingetroffen. Da aber heute in 14 Tagen Rosch-ha-schano ist, will nicht länger warten. Zum bevorstehenden Jahreswechsel sende ich dir m(ein) l. Martin, die herzlichsten Glückwünsche und hoffe, dass all deine Selbstwünsche in Erfüllung gehen und du gesund bleibst und dir das kommende Jahr nur Gutes bringt. Dass sich Ernst selbständig macht, habe dir, glaube ich schon geschrieben. Er bekommt hierzu von seinem Onkel, dem Vetter seines Vaters 10.000 Doll. geliehen. Dies kannst du ja Max Herz mal sagen , vielleicht kann er dir auch mal zu was verhelfen, wenn er dir auch nicht ganz so viel leiht und wenn du deine ganze Werthsachen verkaufen musst, damit du Geld zur Gründung eines Geschäfts hast, wenn auch am Anfang nicht so gross. Es muss ja auch nicht gerade in Chicago sein. Ich denke doch, dass Max Herz oder Lee? schon was für dich finden werden.; es wäre dies vielleicht ein schönes Rosch-ha-schonoh-Geschenk. Du musst nur öfter mit allen Verwandten über diese Thema sprechen, damit sie auch sehen, dass du die Absicht hast, dich auf eigenen Füsse zu stellen. Wenn dies mal der Fall sein sollte, ich würde (ich) dir gerne helfen und jede untergeordnete Arbeit bei dir leisten, was in meine Kräften steht.

Ich sehe Max Oppenheimer´s Vater hilft ihm auch mit.

Z. Z ist ja an Auswanderung nicht zu denken, da ca. 20.000 Voranmeldungen vorliegen und die Bürgschaften von was über 7500 ist alles zurückgeschickt worden .

Im letzten Bf. schrieb dir, dass Jobs Mutter einen Schlaganfall bekam und kam sie auch nicht mehr zu sich. Die Beerdigung fand am Freitag in Kreuznach statt. Nach L´(angen) Lohnsheim und Job musst du kondolieren; an Salli schreibe noch nicht, bis er von zu Hause gehört hat. Ich werde dir scheiben, wenn sie es ihm mitgeteilt haben.

Also fange das neue Jahr gut an und ich wünsche dir hierzu noch recht viel Glück und sei noch herzl. geküsst v. d. Vater.

Lieber Martin! Vor allem die herzl. Glückwünsche zum neuen Jahre; ich wünsche Dir vor allem, dass Du gesund bleibst und dass Dein Herzenswunsch und die Deines l. Vaters (sich) auch erfüllen. Glaube mir, wir sprechen viel und oft über deine Zukunft wie zu Hause. Voraussichtlich sind wir die Feiertage ohne Besuch. Tante Hilda fährt nach Hause, da Onkel Alex Reisen beendet sind und kann keiner mehr Kundschaft besuchen. Von Gina und Alice hatte Nachricht über dein Schreiben. Ginas Schwager aus St . Louis hast für mich auch abgeschrieben. Man muss halt sehen, was da zu tun ist; vielleicht gelingt es Dir, für uns alle zu bürgen, wenn es soweit ist oder auch Verwandte von dort. Diese Woche hatte Vater Besuch: Frau Akten aus Mörfelden; Du hättest die Freude dieser Frau sehen sollen, sie machte ihm Liebeserklärungen, er war ausser sich, dass endlich das Gesicht mal wieder sah; ach, er sieht gut aus, (ich) bin froh.

Heute schrieb Tante Hans von Albert noch nichts Neues; das bringt die Frau bald um --die Sorgen.

Schade, dass Du heute nicht da bist, denn (wir) haben Kerb, da könntest (Du) tanzen.--- Noch alles Gute und sende die herzl. Grüsse auch an alle Bekannte und Verwandte gratuliere Deine Johanne Johanna Kossmann.

Lieber Martin! Auch ich gratuliere dir recht herzlich zum Jahreswechsel und wünsche Dir Alles gute. Ebenso gratuliere ich Familie Max Herz und alle Gerauer Bekandte . Familie Kaufmann läßt Dir auch zum Jahreswechsel gratulieren. Herzlichen Gruß-Kuß deine Schwester Hede.

Dear Martin,

Your letter No 105 has not arrived yet. But, since in 14 days it is Rosh Hashanah, I won’t wait any longer. Warmest greetings for the Holidays, hoping that all your wishes come through, that you stay healthy and that the new year brings only good things. That Ernst is now self-employed I have already written to you. he will get from his Uncle, the cousin of his father 10,000 dollars as a loan for this. Mention this to Max Herz, perhaps he can help you also, even if he does not lend you that much, even if you have to sell all your valuables to found your own business, even if initially it won’t be so big. It does not have to be in Chicago, either. I think Max Herz or Lee will find something for you. That would be really a nice Rosh-Hashanah present. You just have to talk more often with all the relatives about this, so they can see you wish to become independent. Should this really become reality, I would gladly help you and do any job no matter how low, if only I can.

I see Max Oppenheimer’s father also helps his son.

Currently there is no way to think about immigration as there are about 20,000 requests and about 7,500 sponsorships were rejected.

In my last letter I wrote about Job’s mother who had a stroke. She never regained consciousness. Her funeral took place on Friday in Kreuznach. You ought to send your condolences to Langen Lohnsheim and to Job; don’t mention it to Salli until he learns about it from at home. I’ll let you know once they had told him. So, start the New Year well, good Luck and warm kisses from your Father.

Dear Martin,

First off, Happy New Year, I wish you that you stay healthy and your and your father’s wishes come true. Believe me, we talk often and a lot about your future at home. Most likely we’ll be on our own during the holidays. Aunt Hilda will return home for Uncle Alex’ travels are finished; he cannot visit clients anymore. Gina and Alice told us about your writing to them. You can forget about Gina’s brother-in-law from St. Louis. We’ll see what can be done there, perhaps you will be successful sponsoring us all, when we are at it, perhaps relatives can pitch in from there, too. This week Father had a visitor: Mrs Akten from Mörfelden. You should have seen the happiness of this woman, she confessed her love for him, he was out of his mind that he could see her face again, finally: he looks good, I am happy about that.

Today we got a letter from Aunt Hans – nothing new about Albert as of yet; this is killing that woman – the worry. Pity you are not around, we have a fair, you could dance here – all the best and give my greetings and Happy New Year to all, your Johanne Johanna Kossmann.

Dear Martin, I too wish you a Happy New Year and all the best to you. Send my best wishes to Max Herz’ family and all the Gerau people. The Kaufmann family also send their greetings and Happy New Year wishes. Warm greetings and kisses your sister Hede.