04-26-1937

Nr. 42 G. Gerau 26. 4. 1937

Lieber Martin! Man konnte glauben es sei October so kalt ist es hier, nur schade, dass dadurch alles draussen zurück ist; wir wollen mit 14 Tagen schon auf den Acker gehen nichts als Regen, aber ich glaube, das Wetter ändert viel bis Samstag, denn Jomtof steht vor der Türe. Was soll ich von hier erzählen?

Hede und ich waren am Mittwoch zum letzten Mal in D.(armstadt): probieren neue Kleider; ich will auch richten bis Vater auch bereit ist für die Reise. Das glaube ich Dir, dass Du Dich freust, wenn Vater kommt. Heute bekommt (er) nochmals Bericht wegen der Bürgschaft.

Gestern Sonntag waren Feitlers von F. bei Onkel Salmon und war es recht gemütlich, die Herren spielten Skat, wir Damen unterhielten uns, nächstens wollen wir mit Nachmanns nach Worms fahren. Vater sagte, erst muss das Wetter besser sein; das ist noch das einzige Vergnügen, wenn man Bekannte oder Verwandte bei sich hat und der Samstag-Abend.

Du, l. Martin, scheinst jetzt für die Firma zu reisen, da du de Muster zu Hause hast aber willst nur n Private verkaufen? Die Hauptsache, wenn man dabei verdient. Hast ja oft Hochbetrieb auf deiner Bude. Kannst Du auch den Leutchen etwas aufwarten. Eigentlich hast Du nichts geschrieben, ob die weisse Hemden passten, vielleicht genau so schlecht wie die andern?

Was soll ich Dir, wenn Vater kommt, besorgen? Weißt Du, l. Martin, wenn es Sommer wird, musst du deine Wintersachen gut mit Campfer versehen. Ich denke eben so oft an all die Einkäufe vom vorigen Jahr, wie die Zeit vergeht!

Karl Kahn schrieb, nach Hause, dass er Dir das Armband durch Seligmann abgeben läßt, der im Mai nach Chic. fährt. Wie ich durch Roth hörte, hat sich Hermann Marx verlobt, das Mädchen habe vor 3 Wochen in Köln gesprochen, sie ist auch drüben.

Hörst Du noch öfter Radio? - wir könnten Dich als mal gebrauchen! Hat der unserige Kurzwelle? Sonst giebt es nichts zu erzählen, recht herzl Grüsse auch an Alle Bekannte und Verwandte von Deiner Johanna Kossmann.

Wenn mein Anzug fertig ist, lassen uns mal abphotgraphieren. Sei herzl. geküsst von d. Vater.

Lieber Martin, heut war in Frankfurt beim amer. Konsulat und wurde mir von dorten mitgeteilt, dass du die Bürgschaft stellen kannst, denn es baucht ja kein Geldbetrag eingesetzt zu sein. Du kannst ja einfach schreiben, dass du für meinen Unterhalt während meines Aufenthaltes aufkommst. Es könnte sein, dass, wenn ich drüben bin, evtl. 500 D(oll) als Sicherheit gestellt werden müsste; aber auch dies ist nicht bestimmt. Ausserdem muss ich ein Schreiben von D..bank bringen. Die Hessen dorten waren sehr nett. Nach nochmaligem Überlegen dachte, ob es nicht besser wäre, wenn ich meine Reise um ein Jahr verschieben würde, denn bis dorthin kannst du mich vielleicht eher gebrauchen und du hast vielleicht eher Zeit für mich und wir haben gegenseitig mehr von einander. Wie denkst du dazu? Wenn du es aber haben willst, werde alles versuchen zu erreichen. Vielleicht kommen wir alle bis zum nächsten Jahr? Wer kann wissen? Kommst Du mit Salli viel zusammen? Grüsse ihn von mir! Bist du eigentlich jetzt perfect im Englisch(en)? Aber da gehört viel dazu. Jedenfalls kannst du dich doch verständigen. Glaubst du, dass du evtl. für dein Geschäft reisen kannst?

Number 42, Gross-Gerau April 26, 1937

Dear Martin,

You would think it is October, it is so cold here; it’s a pity because so nothing can grow out there. We would want to start seeding the fields in the next two weeks but there is nothing but rain, though I believe the weather will change by Saturday, because the holiday is coming up. What can I tell you about us?

Hede and I were in Darmstadt last on Wednesday to try on new clothes; I want to tidy up until Father is ready to travel. I do believe you’ll be happy when he comes. Today he will get some news about the Affidavit.

Yesterday, on Sunday the Feitlers from F. visited Uncle Salmon and it was quite nice, the men played skat, us women chatted, next we want to go to Worms with the Nachmanns. Father said the weather would have to get better first; that is our only entertainment when acquaintances or relatives visit and Saturday night.

You, dear Martin, seem to travel for the company, since you’ve got to take the samples home, but do you only want to sell privately? Main thing is you earn some money with it. You have often high traffic at your place though. You can offer some to your guests. You have not said anything about whether the white shirts fit you, or maybe they are as bad as the others?

What should I send you with Father? You know, dear Martin, when Summer comes, you must put away your winter clothes in mothballs. I often think of our shopping tours from last year – time goes by so fast!

Karl Kahn wrote to his family that he would ask Seligmann to bring you the armband when he goes to Chic. in May. As I learned from Roth, Hermann Marx is engaged, the girl talked about it 3 weeks ago in Cologne, now she is also over there.

Do you still listen to the radio? We could use yours like before. Does ours have shortwave? Otherwise there is nothing new. Warm greetings to all people and relatives from your Johanna Kossmann.

We’ll take a picture when my new suit is ready. Warm greetings from your Father.

Dear Martin, today I was in Frankfurt, at the American consulate and was told there that you could send me the Affidavit, since it is for free. You only have to write that you would pay my expenses during my visit. Possibly, once I am over there, I must pay a 500 dollar security deposit; but I am not sure about this. In addition, I must bring a letter from D. Bank. The Hessen were very nice there. After once more thinking it over, I wonder if it were not better if I visited you a year later because by then you might need me more, you might have more time for me, and so we can spend more time together. What do you think about this? But if you want me now I will do everything to make it happen. Perhaps we all come next year? Who knows? Do you see Sally often? Say hello to him from me. Is your English perfect by now? But that takes a lot of effort. Either way, you can communicate. Do you think one day you can travel for your own business?

credit: bg