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Nr. 52 Gross-Gerau, den 14. 07. 1937

Lieber Martin! Jetzt ist es 1 Jahr, dass Du uns verlassen hast und draussen in der Fremde bist; sicher war dies für Dich ein schweres Jahr, bis man sich so langsam an Sitten und Gebräuchen gewöhnt hat; hoffe und wünsche Dir, dass die kommende Zeit für Dich etwas Glück bringt und Du mit allem zufrieden sein kannst, damit dein Wunsch auch mal erfüllt wird.

Du schreibst ganz begeistert von der Hütte; nutze die heissen und freien Tage damit nur aus, sei nur in allem ein bis(s)chen vorsichtig! Was für Anzüge trägst du bei der Hitze? - sicher weiss.

Ich habe mich wieder eingelebt, trotz allem lebe in Gedanken mit all m(einen) Lieben. Am Sonntag waren zum letzten Male in Nierstein. Hede fuhr am Samstag mittag und wir auch mit der Bahn; waren um 11 ½ Uhr zu Hause; es ist schade, dass nicht mehr nach Nierstein kommen. Dafür werden als nach Mainz fahren, aber Du kennst Vater; er ist so schwerfällig. Am 1. Aug. ziehen Onkel und Tante weg, ob alles übergeben ist oder nicht. Zum Geburtstag von Tante Hans waren nicht dort , denn allem Anschein nach sind dort sehr niedergeschlagen; erst wollten beide zum Jahrzeit Samstag über Sonntag kommen; Onkel fühlt sich gar nicht wohl, hat Schwindel so haben sie die Reise nach hierauf etwas später verschoben. Vater sprach Tante am Telefon, Roschone und Jom Kippur nach hier zu kommen; dies wäre doch mal schön und Tante könnte sich hier ein bissel erholen; ob es wahr wird? Kennst doch Tante Hans, hat nie Zeit.

Heute kam eine Karte von Berthel und Mann nochmals aus Hamburg sind jetzt auf Hoher See, auch abgereist, überall dieselbe Leere; wenn man daran denkt, tut es mir weh ums Herz. Gestern haben Besuch von Hugo Hirsch, sieht gut aus, haben auch ihre Sorgen und Kummer; wie er sagte haben sich ins Schicksal jetzt gefügt. H. hat bei uns gefrühstückt und fühlte sich wohl bei uns, wollen später eines? Sonntags besuchen

Milly ist noch auf Reisen mit Gatten unter anderm in Albanien etc. Soeben war Willy Siegel F. da, er fährt mit Frau am 8. Oct. nach U.S.A. Unsere Sache ist bis auf eine Kleinigkeit erledigt. Ich denke, bald alles erzählt zu haben. Für heute herzl. Grüsse auch an alle Bekannte von Frau Kossmann.

Lieber Martin, es freut mich aus deinen Zeilen zu entnehmen , dass du dein Wochenend so schön verbringen kannst. Dies könntest du aber auch jetzt hier haben, denn wir haben ein so schönes Schwimmbad hier, mit Sprungturm und Rutschbahn. Die Anlage soll ungefähr 600 Mille =(600.000 RM) kosten. Diese Woche sprach ich Kahn von Stockstadt und sagte mit, dass er im Oktober nach Chicago geht mit Familie und will mir für dich was mitnehmen. Ich habe noch eine L(eica) in feet hier und hoffe, dass er sie mitnehmen kann oder hast du sonst noch Wünsche? Sag´ mal was macht August Hirsch? Denn hier gehen allerlei Gerüchte über ihn, aber sage ihm nichts davon!

Heute erhielten die ersten Pfirsiche vom Acker.

Von Onkel Max und Tante Käthchen habe Nachricht, das Geld an die Nauheimer Kinder zu geben. Udo und Tinchen? haben ihr Anteil an die Tante Hilda abgetreten, die es jetzt sehr nötig gebrauchen kann, wenn sie Ende des Jahres nach Berlin übersiedeln will. Schicke mit ja sofort die im letzten Brief angeforderten Adressen.

Sonst weiss nichts Neues. Grüsse Alle Verwandten und Bekannten und sei du vielmals geküßt von deinem Vater.

Number 52, Gross-Gerau, July 14th, 1937

Dear Martin! Now it has been a year that you left us and are out there, in a foreign country; surely this was a difficult year for you, until you have grown accustomed to the local customs and mores; hope and wish that the coming time will bring you some luck and you will be satisfied with everything, so that your wish will be fulfilled.

You are very enthusiastic about the cabin; take advantage of the hot and free days, only be careful in all things! What kind of suits do you wear in the heat? - Surely white.

I feel at home again, in spite of everything, I live with all my loved ones in my thoughts. On Sunday we were in Nierstein for the last time. Hede drove on Saturday afternoon and we also went there with the train; were at home at eleven thirty; it is a pity that will no longer go to Nierstein. Instead, we will have to go to Mainz, but you know father; he can be so difficult. On the 1st of August, Uncle and Aunt are leaving, whether everything is taken over or not. They were not there for the birthday of Tante Hans, for all appearances they are very much beaten down; first both wanted to come on Sunday to Saturday for the yahrzeit; Uncle does not feel well at all, he feels dizzy so they have postponed the trip for somewhat later. Father spoke to Aunt on the phone, to get her to come here for Rosh Hashanah and Yom Kippur; we could have nice times and Aunt could recover a bit here; whether it becomes true? You know, Tante Hans never has time.

Today a card came from Berthel and Mann again from Hamburg; they are now on the high seas, we have everywhere the same emptiness; When you think about it, it hurts my heart. Yesterday Hugo Hirsch visited us, looks good, they also have their worries and grief; as he said, they have accepted their fate. H. had breakfast with us and felt comfortable with us, they want to come again on one of the Sundays. Milly is still traveling with her husband, among others in Albania, etc. Willy Siegel F. has just arrived; he is traveling on 8 Oct. to the U.S.A. with his wife. Our business is done except for some small things. I think now I have told you about everything. For today warm greetings to all from Faru Kossmann.

Dear Martin, I am glad to see from your lines that you are spending your weekends so beautifully. You can also have that here, because we have such a nice swimming pool here, with a diving tower and slide. The facility will cost about 600 thousand. This week I talked to Kahn of Stockstadt and he said that he would go to Chicago with the family in October and wanted to take something for you. I have another L(eica) here and hope that he can take that for you or do you have any other wishes? Tell me what does August Hirsch do? For there are all kinds of rumors about him, but do not tell him.

Today the first peaches were brought in from the land.

I was told by Uncle Max and Aunt Käthchen to give the money to the Nauheim children. Udo and Tinchen? have given their share to Aunt Hilda, who can now use that very well if she wants to move to Berlin at the end of the year. Send the addresses requested in the last letter immediately.

Otherwise, nothing new. Greetings to all and many kisses from your father.

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