01-29-1938

*

Groß-Gerau d. 29. 1. 1938

Lieber Martin!

Aus deinem lbn. Brief habe ich ersehen, daß es Dir, lieber Martin, gut geht, was ich von mir auch berichten kann. Diese Woche geht meine Kur bei Dr. S. (eligmann) zu Ende. Am 9tem Februar kommt Fritz Rosenberg durch den Hilfsverein nach U.S.A. Am 15. Februar ist die Übergabe von Kahn´s Geschäft; diese Woche kam die endgültige Zusage.

Berthel denkt, bis Mai auszuwandern, da sie vorher noch heiraten will. Mitte März ziehen sie drüben nach Frankfurt. Die Einigkeit mit Julius Kahn wird sicher nicht mehr werden. Herr Flörsheimer ist zur Zeit Ersatzmann. Die Skatpartie hat nicht mehr den seitherigen Reiz. Die Herren haben sich auch daran gewöhnt.

Nun, lieber Martin, werde ich schliesen, da ich nichts mehr zu berichten habe. Grüß mir bitte alle Bekandte und sei Du, lieber Martin, für Heute recht herzlichst gegrüßt und geküßt von Deiner Schwester Hede

Handschriftlicher Zusatz. Herzl. Grüße und auf Wiedersehen für alle ...???..

Lieber Martin! Nach langer Zeit habe ich wieder mal Gelegenheit, Dir zu schreiben. Von Hede wirst Du ja alle Neuigkeiten erfahren. Zu unserer Angelegenheit hat es noch keine Wendung gegeben, denn es fehlt immer noch ein Papier. Aber hoffentlich klappt´s doch bald. Wenn wir dann kommen, erzähle ich Dir alle Wissenswerte. Bis dahin herzl. Grüße Deine Hilde

Lieber Martin, heute muss dir leider mitteilen, dass meine Americareise leider ins Wasser gefallen ist. Ich war gestern in Frankfurt an der Auswandererberatungsstelle, die die Genehmigung zur Ausstellung eines Passes geben muss. Dort wurde mir jedoch der Bescheid, das es zur Orientierung sowie zu Besuchszwecke(n) keine Pässe mehr gibt, sondern nur noch zur Auswanderung. Daraufhin habe heute meinen Antrag beim Kreisamt zurückgezogen; vielleicht wird es später doch möglich, die Hoffnung gebe noch nicht auf. Im Café Rothschild traf einen alten Geschäftsfreund, Julius Scheuer, aus Soden, der sich auch nach dir erkundigt. Ich sagte ihm, dass du in Chicago seist., worauf er mit mitteilte, dass ein Schwiegersohn und dessen Bruder dorten die grösste Schuhfabrik hätten (Schuhfabrik Flörsheim); wenn du Interesse daran hast, dorthin zu kommen, so schreibt er mir, die beiden Brüder wohnen in London und im Falle du dich dafür interessierst , sollte ich nach London schreiben. Die Adresse ist:

James Flörsheim & Cie Ltd.

106 Regent Str.

London W I

Sein Schwiegersohn heisst Fritz Flörsheim.

Aber der James ist die Hauptperson. Sprich mal mit Max Herz, ob er die Fabrik kennt. Berthel hat ihr Visum bekommen und fährt Anfang Mai und wird dir auch ein kleines Geschenk mitbringen. Vor ihrer Abreise hält sie noch Hochzeit und lässt Walther nachkommen.

Kommst Du eigentlich mit August Hirsch nicht mehr zusammen? Wo sie doch immer so aufmerksam zu dir waren, musst du sie doch öfter besuchen! Grüsse sie von mir und sei noch geküsst von deinem Vater.

Gross-Gerau, January 29, 1938

Dear Martin,

I take from your letter that you are doing well, which I can report about us as well. This week my treatment with Dr. Seligmann is finished. Fritz Rosenberg goes to the U.S.A. with the help of the aid association on Feb 9. The Kahn’s will hand over their business February 15; this week they received the final approval.

Berthel plant to emigrate by May as she wants to get married before that. They move to Frankfurt mid-March. The agreement with Julius Kahn will for sure not take place. Mr Flörsheimer is working currently as a floater. The Skat parties are just not the same anymore. The gentlemen got used to it though.

Dear martin, I will close now for I have nothing else to say. Greetings to all, and warm greetings and kisses to you from your sister Hede.

Handwritten addition: Warm greetings to all and we’ll see you….

Dear Martin,

Finally, after quite a while, I have the opportunity to write you. You must have heard all the news from Hede. We have nothing new to report about our issue, we are still missing a paper. Hopefully it will be done soon. Once we are there, I’ll tell you about everything. Until then, warm greetings, your Hilde

Dear Martin,

I’m afraid I have to let you know that my America trip will not take place. Yesterday I was in Frankfurt at the emigration office that was to give me the permission for requesting a pass. There they told me that there are no more passes just for orientation or visits, only for emigration. So, I have cancelled my request at the district office; perhaps it will be possible later; I am not giving up all hope. I have met an old business friend, Julius Scheuer of Soden at the Café Rothchild; he asked about you. I told him you lived in Chicago; he said a sun-in-law and his brother have the biggest shoe factory there (Shoe Factory Flörsheim); if you are interested in it, so he writes, the two brothers live in London and I should write them on your behalf. The address is:

James Flörsheim & Cie Ltd.

106 Regent Str.

London W I

His son-in-law’s name is Fritz Flörsheim.

But James is the main person. Talk to Max Herz if he knows the factory. Berthel got her visa and goes the beginning of May and will bring you a small present, too. Before her trip she will get married and Walther will come after her.

Do you not meet with August Hirsch anymore? They were always so considerate with you; you should see them more often. Say hello to them from me and warm kisses from your Father.

credit: bg